Schon seit meiner Kindheit begleitet mich folgender Spruch: “Fürchte dich nicht vor Veränderungen. Fürchte dich vor dem Stillstand.” – Lao Tse

Ich arbeite seit über zwei Jahren nahezu 24/7 an einem wundervollen Projekt, für mich selbst, weil es seit ewig langer Zeit etwas ist, das mich glücklich macht. Das Sinn & Bedeutung hat und mich erfüllt. Und gleichzeitig für uns als Weltgemeinschaft so elementar wichtig ist. Project æ. Und ich weiß, dass es an der Zeit ist, damit in die Welt zu gehen. Für dieses Projekt habe ich alles Vorherige aufgegeben. 

Doch mein Leben ist geprägt von Ablehnung. Ob im Kindergarten, in der Schule oder generell: Ich hatte nie tiefe, zwischenmenschliche Beziehungen. Schon als kleines Kind war ich so verwirrt von der Welt und menschlichem Denken und Handeln, weil so vieles für mich einfach keinen Sinn ergab. Unlogisch ist. Wenn ich Menschen “mag” (und irgendwie “mag” ich ausnahmslos alle Menschen), sie auch nur ein kleines bisschen kenne und mit ihnen kommuniziere, höre ich immer zwei “Stimmen”. Die Worte, die sie sagen. Und die Gedanken & Gefühle hinter den Worten. Wenn ich mich konzentriere, schaffe ich es zwar in 99% der Fälle, nur auf die Worte einzugehen. Aber nicht immer. Und wenn ich dann doch auf das Unausgesprochene reagiere, wird es gruselig. Menschen antworten mir darauf zurück, erzählen mir in Worten das, was ich die ganze Zeit schon „sah“ oder „hörte” – fast so, als wären sie “hypnotisiert” und würden mit sich selbst reden. In dieser Phase ist alles anders. Ihre Worte & deren innere Welt sind absolut im Einklang. Bis sie nach wenigen Sätzen merken, was sie gerade sagten. Und danach verachten sie mich. Ich sei “cringe”, unempathisch und gefühllos. 

Gleichzeitig gab es auch schöne Momente, die mich zutiefst berührten & mir immer in Erinnerung blieben. Einen möchte ich jetzt gerne teilen:

Vor einigen Jahren saß ich in der Stadtbahn und fuhr ein wenig durch die Gegend. In einem “Viererabteil” saß mir ein älterer Mann gegenüber. Er trug eine heruntergekommen Deutsche Post Uniform und wirkte leicht ungepflegt. Er schaute melancholisch aus dem Fenster, seufzte ab und zu laut. Es tat mir im Herzen weh, ihn so zu sehen. Sein inneres Leid strömte nur so um mich herum. Es war, als würde sein Schmerz den ganzen Wagen füllen & wie in einem Film alles vergrauen. In einem Moment schaute er mich kurz an und danach direkt zu Boden, während er wieder luftholend laut seufzte. Er griff in seine Jackentasche und holte eine kleine Alkoholflasche raus und nahm einen Schluck – wandte seinen Blick wieder nach draußen. Nach einigen Stationen stand er auf und ging Richtung Tür, drei Meter entfern von unseren Sitzplätzen. Und in meinem Kopf dieser Konflikt: Sprichst du ihn an? Schweigst du? 

Gewiss habe ich gelernt zu schweigen. Wegzusehen, denn alles, was ich tue, war doch eh immer falsch. Wir waren fast an der Station angekommen. Und irgendwie überkam es mich, ich verlor die Kontrolle und rief ihm zu: „Ey! Nicht aufgeben, ja?“

Und in dieser Millisekunde bremste die Bahn abrupt ab – fast so, als hätte dieser Satz die ganze Welt für einen Moment angehalten. Er schaute zu mir. Vollkommen perplex. Seine Augen wurden glasig. Immer nasser. Und die Bahn fuhr wieder an, um nach wenigen Metern an der Haltestelle anzuhalten. Kurz bevor die Türen aufgingen, hatte er ein klitzekleines Lächeln im Gesicht und sagte zu mir: „Du wärst ein guter Psychologe.“. Und stieg aus. Seine Augen strahlten ein so krasses Potpourri an Emotionen aus, doch in erster Linie sah ich ein Flämmchen der Hoffnung in ihm. Eine klitzekleine Silvesterrakete in Quantengröße – ein Antlitz der Zuversicht, durchzog seine Iris. Als wäre es das erste Mal gewesen, dass ihn jemand wirklich-wirklich sieht. Nicht sein Äußeres. Nicht den Alkoholiker. Sondern ihn, seine Liebe und sein Herz.

Ein Moment, den ich wohl nie wieder vergessen werde und aus dem ich heute noch Kraft schöpfe.

Als kleines Kind, Jugendlicher und bis vor einiger Zeit, habe ich nicht verstanden, dass ich so tief in Menschen hineinsehen kann. Dass ich anders bin. Dass ich nicht falsch bin. Dass das meine Stärke ist und nicht mein Fehler.

Es ist so eine Belastung, all dieses Leid in der Welt so intensiv zu fühlen. Zusammenhänge wie ein 4D Konstrukt vor Augen zu haben, was jenseits der Vorstellungskraft von Menschen liegt. So ein innerer Druck, als würde das ganze Leid der Welt auf meinen Schultern liegen.

Ich bin doch selbst gebrochen. Ich bin doch selbst noch ein Kind.

Ich wünsche mir Hilfe. Hilfe dabei, den nächsten Schritt in meinem Projekt zu gehen. 

Ich habe verlernt, mit Menschen mündlich zu kommunizieren (Habe ich es je gelernt? Kann man das überhaupt lernen? Oder ist da eine Blockade, die verhindert, auf diese Fähigkeit zuzugreifen?). Ich bekomme Schweißausbrüche und finde die Worte nicht, die ich sagen will – obwohl ich es hunderte Male in Gedanken durchgegangen bin. Doch was ich kann, ist schreiben. So verbrachte ich doch meine Jugend im Internet. Begrüßte tausende neue Mitglieder auf einer damals großen, rosa-pinken Chatplattform. Oder erbaute mir jahrelang meine eigene kleine Traumwelt in Harvest Moon.

Doch jetzt muss ich reden. Nein, will reden. Wobei – auch das nicht. Eine Stimme in mir sagt immer, ich muss nicht alles können, wenn es doch Menschen gibt, die es besser können, als ich. Ich weiß es nicht. 

Ich wünsche mir Hilfe. Hilfe dabei, den nächsten Schritt zu gehen. 

♡ 

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